Verändern Aglizismen das Denken?

Haben Sie heute noch ein Meeting? Wie läuft das ab? Halten Sie es für effizient? Oder eher für vertane Zeit?


Was heißt „Meeting“ überhaupt?


„To meet“ heißt im Englischen soviel wie „zusammentreffen, zusammenkommen, begegnen“. Man kommt also zusammen und begegnet sich.


Toll. Sofort entstehen Assoziationen wie: Gemütliches Beisammensein. Käffchen. Netter Plausch. (Und in der Tat laufen viele Meetings ja auch so.)


Wie lautet denn eigentlich das deutsche Pendant dafür…? Mal überlegen… ach ja: „Besprechung“. Man bespricht sich.


Wenn man sich bespricht, dann steht sofort eine Folgefrage im Raum: Was besprechen wir? Und wozu? Und mit wem? Und warum?


Wenn man sich nur trifft, stellt man sich diese Fragen erst einmal nicht. Ist ja schon nett genug, dass man beisammen ist.


Was also spricht dagegen, dass Sie zukünftig zu Besprechungen einladen, anstatt zu Meetings?


Was spricht dagegen, dass Sie in der Einladung zur Besprechung klar machen, warum Sie sich besprechen wollen, und zu welchem Zweck? Und welchen Beitrag Sie von jedem Eingeladenen erwarten?


Dies schafft Klarheit und Verständnis, und es gibt den Eingeladenen die Möglichkeit, angemessen zu reagieren, die Relevanz zu prüfen, sich vorzubereiten.


Dieses Beispiel mag trivial erscheinen. In den vielen Jahren der Arbeit mit Anforderungen habe ich aber festgestellt, dass die Ergebnisse besser sind, wenn sie in der Muttersprache gedacht und geschrieben werden.


Das liegt schon alleine daran, dass man sich selbst in der Muttersprache oft nicht aller Feinheiten und Nuancen von Begriffen bewußt ist. In der Fremdsprache sind diese oft noch nicht einmal bekannt. Es gibt einen Grund, warum Übersetzer noch immer die besten Ansprechpartner sind, wenn es um den Transfer von Fachinhalten in eine andere Sprache geht.


Anglizismen mögen modern und weit verbreitet sein, sie können aber auch hochgradig kontraproduktiv sein und werden oft gedankenlos verwendet.


Es ist oft schon in der Muttersprache schwer genug, ein gemeinsames Verständnis eines Sachverhalts zwischen zwei Menschen herzustellen. 


Durch die Verwendung von Anglizismen und Fremdwörtern wird das nicht besser. Ganz schlimm wird es, wenn eine scheinbare Übereinstimmung erzielt wird und sich erst viel später herausstellt, dass diese tatsächlich nicht existiert. (Wie oft ist es mir passiert, dass ich dachte, die Semantik eines Begriffs sei klar, um dann irgendwann festzustellen, dass in dem Kundenkontext dieser Begriff noch eine weitere, ganz andere Bedeutung hatte. Und das, obwohl ich mir dieser Problematik bewußt war.)


Versuchen Sie also, sich in Ihrer Muttersprache der Fallstricke bei Begriffen bewußt zu werden, und tragen Sie dafür Sorge, deren gemeinsames Verständnis zunächst abzusichern, bevor es in die Tiefen der eigentlichen Sache geht.



(Diesen Artikel finden Sie auch auf LinkedIn.)

Das Angebot der innoreq® GmbH richtet sich ausschließlich an Geschäftskunden, nicht an Endverbraucher.

© innoreq® GmbH

Allee am Röthelheimpark 54

91052 Erlangen

Germany